Abitur in Corona-Zeiten: Zwischen Stress, Freude und unsicherer Zukunft

Während in vielen Bundesländern die Abiturprüfungen noch in vollem Gange sind, hat das Paul-Schneider-Gymnasium im rheinland-pfälzischen Meisenheim die in vielerlei Hinsicht besondere Prüfungszeit bereits hinter sich. Denn die Corona-Pandemie brachte für die Schülerschaft sowie die Verantwortlichen viele Herausforderungen mit sich.

Abiturprüfungen aufgrund von Corona ausfallen zu lassen, kam für Karin Hofmann, Schulleiterin des Paul-Schneider-Gymnasiums in Meisenheim, nicht in Frage. Deshalb kann sie die Diskussionen darum nicht verstehen. „Klar ist das mehr Aufwand, aber wenn das Kollegium an einem Strang zieht und man mit den Behörden zusammenarbeitet, bekommt man das sehr gut hin“, weiß sie aus eigener Erfahrung. Schließlich hat die Schule, deren Träger die Evangelische Kirche im Rheinland ist, die Prüfungen von Januar bis März bereits erfolgreich hinter sich gebracht.

Schulleiterin Karin Hofmann bei ihrer Rede während der Abiturientenentlassfeier.

Austausch mit anderen Gymnasien wichtig

Wichtig für das Gelingen war, laut Hofmann, der Austausch mit anderen Gymnasien, darunter die der rheinischen Kirche. „Das Martin-Butzer-Gymnasium im rheinland-pfälzischen Dierdorf ist ebenfalls mit dem Abi fertig. Bei unseren anderen fünf Gymnasien in Nordrhein-Westfalen laufen derzeit die schriftlichen Prüfungen“, sagt Pfarrer Dr. Sascha Flüchter, Leiter des Dezernats Kirchliche Schulen der Evangelischen Kirche im Rheinland. Ab Mai folgten die mündlichen Prüfungen.

Bis Weihnachten normaler Unterricht

Während dort also noch Abiturstress herrscht, kann das Paul-Schneider-Gymnasium bereits auf diese besondere Zeit zurückblicken, die zumindest in der Vorbereitung relativ normal ablief. „Wir hatten in Rheinland-Pfalz bis drei Tage vor Weihnachten ganz normalen Unterricht“, erklärt Hofmann. Weil sich alle vorbildlich an Vorschriften wie Maske tragen gehalten hätten, habe es zudem kaum Ausfälle gegeben.

Die gemeinsame Feier hat mit viel Abstand in der Turnhalle stattgefunden.

Strenge Regeln für schriftliches Abi

Komplizierter wurde es dann schon, als die schriftlichen Prüfungen am 7. Januar gestartet sind. Denn es galt strenge Hygienevorschriften einzuhalten. Geschrieben wurde in der Turnhalle sowie in der großen Aula mit angegliedertem Musiksaal. Die Tische standen drei Meter auseinander, beim Betreten mussten sich alle die Hände desinfizieren. Die Maske durfte erst am Platz ausgezogen werden. Um unmittelbare Berührungen zu vermeiden, lagen die Aufgaben bereits auf den Tischen. Ein Schüler, der einen Corona-Fall in seiner Familie hatte, selbst jedoch negativ war, wurde in einen separaten Raum gesetzt. „Er bekam eine eigene Toilette und wurde per Videokamera beaufsichtigt“, erzählt Hofmann.

„Alle 20 Minuten wurden die Fenster aufgerissen“

Genaue Vorgaben gab es auch für das Lüften. „Alle 20 Minuten wurden die Fenster aufgerissen“, berichtet Hofmann. Mit Jacken saßen die Beteiligten dennoch nicht da. „Nur ein paar haben sich Decken über die Füße gelegt. Wir haben aber auch mehr geheizt als sonst.“ Die Lüftvorgaben galten ebenfalls für das mündliche Abitur, bei dem Hygieneteams die Räume nach jeder Prüfung reinigten. „Außer dem Prüfling und den Prüfenden mussten alle Anwesenden die Maske aufbehalten.“

Zur Entlassfeier haben Lehrkräfte T-Shirts mit Grußbotschaften und guten Wünschen gestaltet.

Perfekt passendes Abimotto

Mit Blick auf all diese Hygienemaßnahmen könnte das Abimotto der 70 jungen Erwachsenen – „Mit Abstand die Besten“ – nicht treffender sein. Auch aus einem weiteren Grund: Der Gesamtschnitt des Jahrgangs liegt bei 2,47 – und ist damit laut Hofmann rund ein Zehntel besser als in den Vorjahren. Unter den Abiturienten waren zwei Geflüchtete, die erst 2015 nach Deutschland gekommen sind – und über die auch der SWR berichtete.

Keine Lerngruppen, keine Abiballplanungen

Rückblickend lief laut Hofmann alles weitgehend reibungslos. „Die größte Herausforderung war, den Schülerinnen und Schülern ein sicheres Gefühl zu vermitteln.“ Denn zu den Prüfungsängsten sei die Angst vor einer Infektion gekommen. „Da mussten wir ihnen immer wieder gut zureden.“ Zudem sei vieles rund um die Vorbereitung ausgefallen. Heißt: Keine Lerngruppen, eingeschränkte Freizeitaktivitäten zur Ablenkung und keine gemeinsamen Abiballplanungen. „Lediglich bei der Abizeitung konnten sie ihre Kreativität etwas ausleben.“

Weil die Eltern nicht mit zur Feier in die Turnhalle durften, haben sie ihre Kinder auf dem Sportplatz empfangen.

Blick in unsichere Zukunft

Trotz allem glaubt Hofmann, dass die positiven Dinge überwiegen. „Sie können stolz sein, diese Herausforderung gemeistert zu haben.“ Und sie hätten viele Dinge gelernt, die ihnen im weiteren Leben helfen würden, „vor allem Selbstdisziplin“. Zu kämpfen hätten sie nun eher mit ihrer Zukunft. „Sie haben Pläne gehabt, wollten etwa in ein Work-and-Travel-Abenteuer starten.“ Nun fehle die Perspektive. „Da herrscht viel Unsicherheit, wie es weitergeht. Das ist schon traurig, eigentlich ist das bestandene Abitur ja ein Freudenmoment.“

Bunte Luftballons und T-Shirt mit Wünschen

Diesen Freudenmoment konnten die Schülerinnen und Schüler zumindest auf der Abiturientenentlassfeier gemeinsam genießen. Am 25. März kamen sie aufgeteilt in zwei Gruppen in der mit Blumen geschmückten Turnhalle zusammen. An Wäscheleinen hingen von den Lehrkräften gestaltete T-Shirts mit Grußbotschaften und guten Wünschen. Das Treiben wurde in Bild und Ton festgehalten. Vor allem als Erinnerung für die Eltern, die nicht mit in die Turnhalle durften. Ganz ohne Familie musste aber nicht gefeiert werden. Denn im Anschluss haben die Eltern ihre Kinder auf dem Sportplatz empfangen. „Gemeinsam haben wir bunte Luftballons in den Himmel steigen lassen, das war ein schöner Abschluss“, sagt Hofmann.

Zum Abschluss haben die Schülerinnen und Schüler mit ihren Eltern Luftballons in den Himmel steigen lassen.

  • 29.4.2021
  • Andreas Attinger
  • Michael Schmitz