Abends zum Spielen ins Online-Jugendhaus

In Bonn-Beuel ist mit dem Pandemiebeginn ein digitales Angebot entstanden, das sich bis jetzt gehalten hat – und auch Kontakte zu Jugendlichen ermöglicht, die den Weg in die OT zuvor noch nie gefunden hatten.

Als im März 2020 bekannt wurde, dass die Schulen coronabedingt ab dem nächsten Montag schließen würden, hatte Thomas Schaaf für den folgenden Abend gerade eine LAN-Party vorbereitet. Der Sozial- und Medienpädagoge, Leiter der Offenen Tür (OT) „Blaues Haus“ der Evangelischen Kirchengemeinde Bonn-Beuel, verlegte die Veranstaltung kurzerhand ins Netz und begrüßte auf der Plattform Discord schließlich rund 25 Jugendliche zur digitalen Spielenacht. „Und weil das ganz gut geklappt hat, haben wir uns überlegt, ob man sich dort nicht immer zur gewohnten Stunde treffen kann.“ Es war der Beginn des Online-Jugendzentrums.

Thomas Schaaf
Thomas Schaaf leitet die OT „Blaues Haus“ in Bonn-Beuel.

Besuche nicht nur aus dem eigenen Bezirk

Mehr als ein Jahr ist das jetzt her. Aktuell gibt es auf der Plattform gut 270 Anmeldungen – Jugendliche, die sich der OT „Blaues Haus“ oder dem Kulturraum in Bornheim-Sechtem als den beiden Kooperationspartnern des Angebots zuordnen, dazu weitere junge Leute aus dem Großraum Bonn und manche interessierte Kolleginnen und Kollegen von Thomas Schaaf. Der 30-Jährige freut sich im Rückblick auf das erste Jahr über „sehr viele Besucherinnen und Besucher, die nicht nur aus unserem Bezirk stammen“.

Wenn das Online-Angebot dienstags, mittwochs, freitags und sonntags „geöffnet“ hat, heißt das: In diesen Abendstunden ist immer ein Betreuer der beteiligten Jugendzentren online und steht als Ansprechpartner zur Verfügung. Die Jugendlichen können per Text, Audio oder Video chatten, es gab schon Koch-Streams – vor allem aber werden die diversen Kanäle auf Discord für Computerspiele genutzt, zu denen man sich verabreden oder in die man sich auch später einklinken kann. Auch jenseits der Öffnungszeiten suchen Jugendliche über die Plattform nach Mitspielern.

Offene Tür hatte schon immer einen Medienschwerpunkt

Die Nutzung des Online-Jugendzentrums, erzählt Schaaf, ähnelt den Erfahrungen aus dem Präsenzbetrieb: „Je wärmer und schöner das Wetter ist, desto weniger wird es besucht.“ Mal steht er während eines Abends mit zwei Dutzend Jugendlichen im Kontakt, mal ist es nur eine Handvoll. Insgesamt stehe aber fest: „Für uns hat sich das Angebot bewährt, auch weil wir ohnehin schon immer einen Medienschwerpunkt hatten.“ Zwar seien nicht alle früheren Besucherinnen und Besucher des Blauen Hauses auch online dabei. Aber dem Leiter haben sie versichert: „Sobald ihr wieder aufmacht, stehen wir vor der Tür.“ Und Schaaf hat die Hoffnung, dass mit ihnen, angeregt durch das Online-Angebot, auch einige Jugendliche auftauchen, die er hier bisher noch nicht gesehen hat.

Wie er nach Corona Präsenz- und Online-Betrieb zeitlich unter einen Hut bekommen soll, weiß er noch nicht genau. Dass es eine Lösung geben wird, ist aber sicher. „Vielleicht nutzen wir das Online-Jugendzentrum saisonabhängig, vielleicht auch als Werbemöglichkeit für unsere Präsenzangebote.“ Die Chance, Menschen zu erreichen, die bisher durch die OT nicht erreicht wurden, will er nicht wieder aus der Hand geben. Medienpädagogisch dürfe man vor den digitalen Trends ohnehin nicht die Augen verschließen – auch wenn er Wert darauf legt, die Jugendlichen zugleich für den Datenschutz zu sensibilisieren: „Nur weil im Netz etwas kostenlos ist, heißt es nicht, dass es auch gut ist.“

Videocast digitale Jugendarbeit
Zusammen mit seinem Kollegen Achim Stommel (r.) bietet Thomas Schaaf auf Youtube den Videocast „Digitale Jugendarbeit“ an.

Videocast zur digitalen Jugendarbeit

Kolleginnen und Kollegen, die nicht so digitalaffin sind, bieten Thomas Schaaf und sein Kollege Achim Stommel seit Beginn der Pandemie auf Youtube auch den Videocast „Digitale Jugendarbeit“ an – mit mittlerweile rund 50 Beiträgen über digitale Angebote, Spiele, Tools und Methoden (youtube.com/c/digitale-jugendarbeit).

 

Dieser Beitrag ist Teil eines Hintergrunds zur Jugendarbeit unter Pandemiebedingungen in der Juni-Ausgabe von EKiR.info, dem Magazin für Presbyterinnen und Presbyter. Die aktuelle Ausgabe steht hier zum Download bereit

  • 31.5.2021
  • Ekkehard Rüger
  • Thomas Schaaf/privat